Storytelling - Erfahrungsgeschichten erzählen

Der Berührungspunkt von Seele und Gemeinschaft.

Geschichten erzählen ist so alt wie die Menschheit selbst. An der Feuerstelle sitzen und erzählen, ist ein uraltes Ritual. Zugleich war es auch der Weg der Menschen um ihr Wissen weiterzugeben. Auch im heutigen Alltag spielen Geschichten und G'schichterln eine bedeutende Rolle. In der Kaffeeküche und beim Bier, aber auch bei den Alltagsgeschichten, die unser Leben begleiten. Geschichten sind die Essenz des Lebens, nicht nur für Kinder.

Wenn wir uns Erfahrungsgeschichten erzählen, teilen wir ein Stück unseres Lebens, zeigen wir, wie wir die Welt wahrnehmen, was uns berührt, was uns bewegt. Damit teilen wir nicht nur Fakten, sondern vermitteln auch unsere Gefühle, unseren Blickwinkel und unsere Beurteilung des Geschehenen. Durch unsere Geschichten realisieren wir selbst und unsere Zuhörer, wie wir uns mit dem Erzählten fühlen und geben der gelebten Erfahrung Bedeutung.

Wenn wir zuhören, können wir uns in den Erfahrungen der anderen wieder finden, entdecken Gemeinsamkeiten oder erkennen die Einzigartigkeit des Erzählers. Und wenn wir ganz aufmerksam uns oder anderen zuhören, dann entdecken wir in den Geschichten auch Muster oder Glaubenssätze, die in unserem Leben zum Thema geworden sind.

Geschichten eröffnen die Möglichkeit, einander tiefgreifend zu verstehen, Vorurteile abzubauen und einander in unserer Vielfalt zu respektieren. Wenn wir selbst Geschichten erzählen, machen wir die Erfahrung, verstanden zu werden.

Geschichten erzählen ist der Berührungspunkt von Seele und Gemeinschaft.

Storytelling im Seminar "The Art of Facilitation"  in Wien erleben

 

Storytelling in Workshops

Erfahrungsgeschichten erzählen kann sich für sich stehen, kann am Vorabend als Prolog zum Beispiel für einen Open Space Workshop dienen oder auch in einen Workshopablauf eingebaut werden. Primär geht es immer ums Sammeln, Verstehen und Teilen, nicht um ein bestimmtes Ergebnis, das wir erzielen wollen. Dafür sind uns alle Geschichten recht: die Heiteren und die Traurigen, die Besinnlichen und die Tragischen, die Aufregenden und die Inspirierenden.

Damit aus "G'schichterln" Geschichten werden können, braucht es eine besondere Anmoderation. "G'schichterln" haben viele parat, auf Knopfdruck werden kleine Filme gestartet, die schon oft erzählt worden sind, die einen gewissen Unterhaltungswert haben. "G'schichterln" sind aber wenig hilfreich, weil sie nur an der Oberfläche kratzen und keinen Tiefgang haben. Wir bitten hingegen um Geschichten mit Herz und Bedeutung. Achtsamkeit beim Setting und bei der Einstimmung ist daher sehr wichtig.

Geschichten erzählen wir immer im Kreis, in einem hellen geschlossenen Raum oder im Freien oder am Lagerfeuer. Die TeilnehmerInnen fühlen sich anfangs manchmal ein wenig unbehaglich bei der Vorstellung im Kreis eine Geschichte zu erzählen, sind skeptisch. Das ist verständlich, meine eigene Erfahrung beim ersten Mal war genauso: anfangs war ich skeptisch und ein bissel nervös. Das hat sich dann aber rasch gelöst und entspannt und unterm Strich war es für mich eine sehr feine und berührende Erfahrung. Feinfühlig den Druck rauszunehmen ist daher nicht verkehrt.

Eine generell hilfreiche Haltung ist Aufmerksamkeit und Achtsamkeit. Auch sich selbst gegenüber. Die Menschen spüren, wann der Zeitpunkt gekommen ist, um ihre Geschichte zu erzählen. Es kommt dabei immer wieder zum Teil auch zu längeren Pausen. Das sind wertvolle Zeiten des Wirkenlassens, des Nachspürens, des Sammelns. Zeiten, in denen oft neue Geschichten wachsen können. Geduld ist für den Moderator die wichtigste Tugend: einfach den Raum und die Zeit halten ist das Gebot.

Ablauf:

Nach der Einstimmung wird das Thema genannt, die TeilnehmerInnen werden eingeladen Geschichten zum Thema zu erzählen. Ich beginne immer mit einer Geschichte, wenn Hierarchien im Raum sind, setzt der Einlader oder Ranghöchste fort. Und dann erzählt einer nach dem anderen seine Geschichte. Manchmal auch mehrere. Und wenn das passiert, verändert sich die Energie im Raum. Die ganze Atmosphäre wandelt sich. Die Teilnehmer entspannen sich. Die Menschen teilen sich mit. Sie verbinden sich mit der Menschlichkeit der anderen im Raum. Ich erlebe immer wieder, dass Mitgefühl und Zuneigung den Raum füllten, Tränen fließen und die Teilnehmer ihre Vorurteile gegenüber ungeliebten Kollegen überwinden und sie plötzlich mit anderen Augen sehen können.

Und wenn es vorbei ist, ist es vorbei.

Was bewirken Erfahrungsgeschichten?

Das hängt natürlich immer vom Thema und von den Menschen ab. Ganz allgemein bewirken Erfahrungsgeschichten oft eine emotionale Verflüssigung. Was stockt, kann sich lösen, was verborgen ist, kann sich zeigen. Die Teilnehmer entwickeln tiefere zwischenmenschliche Beziehungen. Vertrauen und die Bereitschaft, gemeinsam Risiken einzugehen, werden geweckt. Gemeinsamkeiten werden entdeckt und die Menschen sind bereit, ihre Unterschiedlichkeit zu respektieren. Unzufriedenheit und Negativität konnten durch gemeinsames Lachen und Weinen, aufgelöst werden.

Geschichten inspirieren zu neuen Möglichkeiten und Lösungen, ermöglichen Lernen voneinander, geben Einblick in das alltägliche Leben.

 

Erfahrungsgeschichten erzählen: Ein Zugang, der wenig Ressourcen benötigt, um Tiefgang zu bewirken: Menschen mit offenen Ohren und offenen Herzen.